Die drei „Schrauber" bei Philippus
An diesem nasskalten Donnerstag Mitte März bleibt der Ansturm aus. Zum ersten Mal seit langer Zeit holten die drei tatkräftigen „Schrauber“ wieder Dutzende Fahrräder aus dem Keller der Philippusgemeinde und boten sie Kindern, Jugendlichen, Frauen und Männern mit Frankfurtpass an: Als Geschenk, mit Schloß und Helm. Das Projekt „Fahrräder für Geflüchtete“ startete vor sieben Jahren in der Philippusgemeinde, zusammen mit den Deutsch-Kursen der „Teachers on the road“, den Beratungsstunden für die damals über tausend Eriträer, Syrer oder Afghanen, die im Frankfurter Osten in Hotels, leerstehenden Gewerberäumen, einer Turnhalle und Wohncontainern untergebracht worden waren.
Jörn (68) und Uwe (67) trieben die Idee voran, nicht nur gespendete Fahrräder an die Geflüchteten zu verschenken, sondern sie selbst in der Werkstatt zu beteiligen, ihnen handwerkliche Fähigkeiten zu vermitteln und mit ihnen Deutsch zu reden. Sie trafen und treffen sich einmal in der Woche, dienstags zwischen 10 und 13 Uhr im Heizungskeller, schrauben und repariereren an den Rädern, machen sie „straßentauglich“, wie Uwe sagt. Das war am Anfang bitter nötig, denn unter den ersten Spendenladungen, die sie in Frankfurt zusammen sammelten, war so manches Rad schrottreif. Zu Jörn und Uwe ist neben dem unermüdlich organisierenden Gerhard vor ein paar Jahren noch Hans (69) hinzu gekommen. Enttäuscht sind heute alle drei „Schrauber“, wie sie sich selbst nennen, dass ihr eigentlicher Ansatz ge-scheitert ist: Zusammen arbeiten, reden und Deutsch lernen. Die jungen Männer von da- mals kamen, guckten, wählten sich möglichst schicke Räder aus. Und kamen nur wieder, wenn es einen Platten gab, wie Jörn dann und wann frustriert einräumte.
Aber die drei sind zusammen geblieben. Sie haben das Projekt mit Spenden und Mitteln der Diakonie über die Zeit und sogar die Pandemie gerettet und engagiert weiter getragen. Sie sind „bürokratischer“ geworden: Registrieren die Fahrräder und die Namen der Beschenkten, erteilen einen Fahrradpass im knalligen Orange. „Es muss alles seine Ordnung haben“, bemerkt Hans, der die Ordner verwaltet und auf den Erfolg stolz ist. „678 Fahrräder haben wir in den sieben Jahren verteilt.“ Über ihre stundenlange, oft mühselige Arbeit reden sie nicht.
An diesem Donnerstag im März fällt auf, dass sich die Qualität der gespendeten Fahrräder verbessert hat: Ob in den pandemischen Zeiten der eine oder andere auf ein E-Bike umgestiegen ist? Heute gehen die Markenräder schnell weg, die Kinder kurven durch den Gemeindehof und üben das Klingeln. Einige der „Kunden“ und „Kundinnen“ kennen Jörn und Hans und Uwe seit Jahren: Jetzt kommen sie mit ihren Kindern. Sie wissen Bescheid und kennen sich aus. Für Andrii und seine drei Kinder gilt das heute nicht. Sie sind unsicher. „Frankfurtpass?“ Kopfschütteln. „Ukraine“. Nach über zwei Stunden rollert die siebenjährige Tochter lachend auf dem Vorplatz, kurvt der Zwölfjährige mit schickem Helm auf einem weißen Rad mit Eintracht-Aufklebern. Und zum Schluss sucht Andrii auf seinem Handy im Wörterbuch nach einem Satz. „Vielen Dank, das ist eine gute Tat,“ sagt er dann.
Fahrradwerkstatt
Das Team der Fahrradwerkstatt sammelt alte Fahrräder und repariert sie so, dass sie wieder verkehrstauglich sind. Ausschließlich an Personen mit Frankfurt-Pass und an Flüchtlinge werden sie umsonst abgegeben.
Aktuell sind es 50 Fahrräder, die so aufbereitet worden sind.
Momentan übersteigt die Nachfrage nach Rädern die Zahl der uns gespendeten und damit verfügbaren Räder. Bei Interesse an einen Rad bitten wir um eine E-Mail an: raeder-fuer-fluechtlinge@posteo.de, damit wir Sie direkt über die nächste Ausgabe informieren können.